Quallen sind majestätische Wesen, die seit Urzeiten durch die Meere schweben. Für viele Menschen sind Quallen vor allem ein lästiges Hindernis im Urlaub, oft sogar mit einer gewissen Angst verbunden. Dabei sind die meisten Arten harmlos für uns, weshalb ich versuche, neue Seiten der Nesseltiere zu beleuchten.
Das Auge blickt weit,
farbige Kuppeln schimmern,
die Wellen brechen
Was sind Quallen?
Quallen zeichnen sich durch einen meist durchsichtigen, glibberigen Körper und Tentakeln mit Nesselzellen aus. Die Zellen helfen ihnen, Beute zu fangen und mit Gift zu lähmen. Ihre Form ähnelt einem Schirm oder einer Glocke, symmetrisch sind sie radial.
Viele Arten können schwimmen, indem sie ihren Schirm zusammenziehen, andere lassen sich einfach treiben. Sie ernähren sich hauptsächlich von Plankton.
Nesselzellen
Nesselzellen sind spezialisierte Kapseln, die eine mikroskopisch kleine Harpune enthalten. Diese wird nicht nur durch mechanische Reize wie Druck ausgelöst, sondern kann auch auf bestimmte chemische Signale, darunter Hormone, reagieren. Beim Abschuss beschleunigt sich die Harpune mit einer Kraft, die das 40.000-Fache der Erdbeschleunigung erreicht, dringt in das Opfer ein und injiziert ein Gift. Doch selbst ein Streifschuss kann schmerzhaft sein, da die Oberfläche der Harpune ebenfalls toxisch ist.
Falls ihr jemals von einer Qualle gestochen werdet, kann Essig helfen, verbleibende, noch nicht aktivierte Nesselzellen zu neutralisieren. Allerdings ist Vorsicht geboten, da falsche Maßnahmen die Situation verschlimmern können. Glücklicherweise lösen die meisten Quallenstiche lediglich Hautirritationen oder Juckreiz aus, wenn überhaupt.
Feinde
Obwohl Quallen scheinbar schwerelos durch die Ozeane gleiten und nur wenige natürliche Feinde haben, sind sie keineswegs unantastbar. Ihre größten Jäger sind Meeresschildkröten, allen voran die Lederschildkröte, die sich fast ausschließlich von ihnen ernährt. Auch der Mondfisch macht Jagd auf sie, während einige Fischarten gelegentlich an ihren schleimigen Körpern knabbern. Untereinander gibt es ebenso keine Rücksicht, manche Quallen sind kannibalistisch und fressen kleinere oder geschwächte Artgenossen.
Delikatesse
Doch nicht nur das Tierreich verspeist sie gerne, in einigen Teilen Japans und auch in Malaysia werden einige Arten von Quallen als Essen serviert. In Malaysia wird beispielsweise die „Sea Tomato“ gegessen, die aufgrund von Farbe, Größe und Form so heißt, nicht wegen des Geschmacks. Traditionell werden die Tentakel abgetrennt und der Körper zunächst gesalzen und danach in der Sonne getrocknet. Nach dem Trocknen wird dieser in Streifen geschnitten und mit einer Sauce oder Gewürzen abgerundet.
Medien
Oft liest man Berichte über Quallen an Stränden, die Menschen vergiften, oder sieht Bilder riesiger Exemplare, die schockieren sollen. Das eigentliche Problem wird oft übersehen: Die meisten Arten sind so klein, dass sie kaum wahrnehmbar sind. Gerade diese winzigen Arten verstopfen Rohrsysteme und bringen Maschinen zum Stillstand. Andererseits wird spekuliert, dass es jährlich knapp 100 Tote durch das Nesselzellengift gibt. Das ist zwar nicht unbedeutend, aber längst kein Grund für Panikmache. Ihre wahre Bedrohung liegt in ganz anderen Faktoren.
Jellyfication
Wenn man an zukünftige Probleme der Menschheit denkt, sind Quallen so gut wie nie auf der Liste. Allerdings gibt es einige Gründe, weshalb seit Jahrzehnten die Anzahl der Quallen immer weiter in die Höhe schießt und sie damit zu einem zentralen Problem der nächsten Generationen werden.
Erderwärmung: Quallen lieben die Wärme, daher stört es sie auch nicht, wenn die Meere allmählich erwärmen, im Gegenteil, alle Lebensformen, die es nicht aushalten, machen Platz für jene, die es aushalten.
Überfischung: Da der Mensch die Meere weltweit überfischt, schrumpfen die Fischbestände kontinuierlich. Wenn weniger Fische um Plankton konkurrieren, bleibt mehr für Quallen übrig. Dadurch verkürzt sich ihr Lebenszyklus, und sie bringen mehr Polypen hervor. Diese ernähren sich ebenfalls vom Plankton und setzen ebenso verschnellert neue Quallen in die Welt.
Plastikverschmutzung: Selbst die Tonnen an Plastik im Meer helfen den Quallen, während alle anderen Lebewesen darunter leiden. Je größer das Plastik, desto besser. Freiflächen im Ozean sind durchaus rar, doch durch die künstlich Geschaffenen, können sich die Polypen öfter absetzen und somit mehr Quallen produzieren.
Eutrophierung: Die Menschheit hat die Angewohnheit, jeglichen Müll sowie Dünger und Exkremente über das Grundwasser oder durch Kläranlagen ins Meer zu leiten. Zwar werden Kläranlagen immer effizienter, doch die Landwirtschaft bleibt ein großes Problem. Die übermäßige Nährstoffzufuhr führt zu einem regelrechten Plankton-Boom. Die Mikroorganismen vermehren sich explosionsartig, verbrauchen dabei große Mengen an Sauerstoff und entziehen ihn dem Wasser. Infolgedessen entstehen sauerstoffarme oder gar sauerstofffreie Zonen, sogenannte „Todeszonen„, in denen Fische und andere Meeresbewohner nicht überleben können. Quallen profitieren von diesen Bedingungen. Sie sind äußerst anpassungsfähig, können mit wenig Sauerstoff auskommen und nutzen den Rückgang ihrer natürlichen Feinde, um sich weiter zu vermehren. So trägt die Eutrophierung dazu bei, dass Quallenpopulationen ungebremst wachsen und zunehmend die Ökosysteme der Meere dominieren.
Versäuerung des Ozeans: Durch den steigenden CO2-Ausstoß, von dem das Meer etwa 50 % absorbiert, nimmt der Sauerstoffgehalt im Ozean ab.
Kuriositäten
Interessanterweise besitzen Quallen einen Gastralraum, Aufnahme sowie Ausscheidung von Nahrung geschieht durch eine Öffnung. Doch auch Nährstoffe werden darin verteilt.
Die Quallenart Cassiopea legt sich verkehrt herum auf den Boden, obwohl sie schwimmen kann, weil es effizienter ist das Plankton mit den Nesselzellen zu fangen, Effizienz oder Faulheit?
Es gibt eine Technik (GFP), mit der Krebszellen durch grüne, fluoreszierende Proteine markiert werden, die ihren Ursprung in der Qualle, Aequorea victoria, findet.
Rippenquallen sind keine echten Quallen, sie besitzen keine Nessel-, sondern Klebzellen. Somit sind sie ungiftig und versuchen ihre Gegner zu ersticken, alle anderen Eigenschaften treffen dennoch auf sie zu.
Der Mensch lernt es nicht
Quallen sind nur einer der Lebensformen da draußen, die durch den Menschen maßgeblich beeinflusst werden. Wie so oft steht dem Menschen die Hybris im Weg, sich die Welt zum Untertan zu machen. Ungeachtet dessen, den Lebensraum ganzer ökologischer Systeme und seinen eigenen dabei zu zerstören.
Ich hoffe, wenn ihr das nächste Mal eine Qualle seht, dass ihr diese bewundern könnt.
Deshalb appelliere ich hier an die Vernunft des Lesers und bitte euch, eure Umwelt mit Respekt zu behandeln.
Weitere Quellen:
Allgemein: https://www.amazon.de/-/en/Jellyfish-Natural-History-Lisa-ann-Gershwin/dp/022628767X
Jellyfication: https://www.tagesschau.de/wissen/
klima/jellyfication-100.html
Süßwasser-Quallen: http://freshwaterjellyfish.org/